Sonnenkraftwerk

Vorüberlegungen

Zuallererst das Wichtigste: Unabhängigkeit von konventionellen Energiequellen, Sicherheit vor Preissteigerungen, wirtschaftliche Eigenstromversorgung – all diesen Ansprüchen wird das heimische Sonnenkraftwerk NICHT gerecht, zumindest nicht vollständig, nicht in den geographischen Breiten Mitteldeutschlands, nicht beim derzeitigen Lebensstil des durchschnittlichen Mitteleuropäers und auch nicht bei den aktuellen Strompreisen. Darüber hinaus wäre es volkswirtschaftlich gesehen auch gründlich absurd – bei einem der weltweit zuverlässigsten Stromnetze (1) – parallel zu diesem ohnehin bereits vorhandenen Netz eine aufwendige, autarke Eigenversorgung auf die Beine zu stellen. (2) Diese Feststellungen scheinen mir zu Beginn dieses Berichtes angebracht, da im Nachgang an den Zeitungsbericht der Thüringer Allgemeinen (2) einige Interessenten mit gut gemeinten Gedanken wie „5000 kWh Jahresverbrauch – autarke Eigenstromversorgung möglich?“ direkt bei mir vor Ort unterwegs waren.

Theoretisch möglich ist natürlich alles, aber lassen wir diese Kuh lieber im Dorf. Im Umkehrschluss bedeutet das nicht, der ganze Aufwand sei nun für die Katz gewesen. Der Gewinn an Wissen, Erfahrung und die Freude am Anlagenbetrieb ist substanziell und in Anbetracht der investierten Geldmittel durchaus angemessen. Entscheidend für einen erfolgreichen Anlagenbetrieb sind etwa die Energieeffizienz der benutzen Endgeräte und die Flexibilität (Zeit), mit welcher diese genutzt werden können. Wesentliche Bedeutung erlangt auch der Wetterbericht – er wandelt sich zur persönlichen Energievorschau für die kommenden Tage. (3) Bei optimalen Wetterverhältnissen steuert die Anlage bis zu 50 Prozent des Gesamtstrombedarfs pro Tag bei, wohlgemerkt bei einem Single-Haushalt – auch dazu später mehr.

Systemkonfiguration

Beim Sonnenkraftwerk handelt es sich um eine Inselanlage, neudeutsch als „Offgrid-System“ bezeichnet. Diese Anlagen arbeiten vollständig unabhängig vom vorhandenen Stromnetz, funktionieren also auch im Falle eines in Deutschland unwahrscheinlichen, großflächigen Blackouts. Die wesentlichen Bestandteile sind drei Photovoltaik-Module mit zusammen 690 Watt Leistung (Update Juni 2013: 920 Watt), ein Laderegler, ein Blei-Gel-Akku mit 2,4 kWh sowie ein 1800 Watt Sinus-Wechselrichter. Die Systemspannung beträgt 12 Volt, für die geplante Erweiterung der Anlage um weitere drei Module (auf dann rund 1400 Wp) wäre eine Umstellung auf ein 24-Volt-System fällig.

Module

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Zum Einsatz kommen drei polykristalline Module SCHOTT PERFORM ® POLY aus dem Haus der Schott Solar GmbH. Die Schott Solar GmbH hat sich im Zuge der Solarkrise aus der Produktion polykristalliner Module zurückgezogen. (4) Die Module haben bei Standard-Testbedingungen (STC; Standard Test Conditions) eine Spitzenleistung von 230 Wp. Der praxisnähere NOCT-Wert (NOCT, Nominal Operating Cell Temperature) liegt bei 165 Wp (Herstellerangaben). Im realen Anlagenbetrieb konnten im Sommer 2012 Spitzenleistungen von rund 180 Watt pro Modul erzielt werden. Das entspricht 78 Prozent der werberelevanten STC-Peakleistung.

Laderegler

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Der Laderegler überwacht die Beladung der Batterie und transformiert die Spannung der in Reihe geschaltenen Module (110,7 V Leerlaufspannung) auf die Systemspannung von 12 Volt, was gerade bei kleinen Systemspannungen zu vergleichsweise hohen Strömen führt. Zum Einsatz kommt der FLEXmax 60 von OutBack Power Technologies Inc. (5). Dieser Laderegler unterstützt neben 12V Systemen auch 24 und 48-Volt-Systeme (Batteriespannung), was für zukünftige Anlagenerweiterungen (mehr Module, größerer Batterieblock) einen Vorteil darstellt. Über das LCD-Display des FLEXmax können außerdem die historischen Anlagendaten der letzten 128 Tage abgerufen werden.

http://www.outbackpower.com/products/charge_controllers/flexmax/

[table id=7 /]

Die Angaben beziehen sich auf die STC-Angaben der Modulleistung. Quelle: OutBack Power Technologies Inc.

Energiespeicher

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Zum Einsatz kommt ein wartungsfreier Blei-Gel-Akkumulator mit 2400 Wattstunden (2,4 kWh, 12V, 210 ah) Speicherkapazität. Für eine vernünftige Lebensdauer des Akkus sollten davon aber in der Praxis nur etwa 1 kWh genutzt werden.

Wechselrichter

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Um den Gleichstrom der Batterie in “handelsübliche” Wechselspannung zu wandeln, kommt ein Inselnetzwechselrichter mit einer Dauerleistung von 1800 Watt zum Einsatz. Die kurzfristige Spitzenleistung (z.B. für hohe Anlaufströme bei einem Rasenmäher/Elektrokettensäge/Induktionskochfeld) beträgt 3600 Watt.

Ertragsprognose

Eine wesentliche Fragestellung zu Beginn ist, wie viel elektrische Energie das Sonnenkraftwerk in einem Jahr zur Verfügung stellen kann. Zwei Möglichkeiten sollen hier vorgestellt werden:

Händische Überschlagsrechnung der Jahresarbeit (Module)

Gegeben: SCHOTT PERFORM ® POLY 230 Wp, 13,7 % Modulwirkungsgrad, Modulfläche 1,67 m².

Ein Modul besteht aus 60 Solarzellen mit einer Fläche von jeweils 0,024 m² (156 x 156 mm). Ein aus 60 Zellen bestehendes Modul besitzt folglich eine Gesamtzellenfläche pro Modul von 1,44 m². Im Sonnenkraftwerk kommen bisher drei Module zum Einsatz, was eine Gesamtzellenfläche von 4,32 m² entspricht. Als Modulwirkungsgrad werden 13,7 Prozent angegeben.

Die mittlere Jahressumme der Globalstrahlung (Zeitraum: 1981 – 2010) liegt in Drößnitz bei rund 1000 kWh/m² (horizontale Fläche). Bezogen auf eine Gesamtzellenfläche von 4,32 m² und einem Modulwirkungsgrad von 13,7 Prozent bedeutet das eine durchschnittliche Jahresarbeitsleistung von

1000 kWh/m² * 4,32m² * 0,137 = 591,84 kWh (690 Wp)

http://bit.ly/134eEI6

In der Realität sind die Erträge höher, da die Module nicht horizontal installiert werden, sondern in einem hier angenommenen Winkel von 35 Grad und Südausrichtung, dabei kommt man bei einer jährlichen Globalstrahlung von 1200 kWh/m² (Quelle: PVGis) auf einen Jahresarbeitsertrag der Module von rund 950 kWh/kWp oder im Fall der hier vorgestellten Anlage auf:

1200 kWh/m² * 4,32 m² * 0,137 = 710 kWh (690 Wp)

Händische Überschlagsrechnung Jahresarbeitsleistung (Gesamtsystem)

Auf Basis der Jahresarbeit (Module) lässt sich nun die Jahresarbeit des Gesamtsystems abschätzen. Die vom Modul gelieferte Gleichspannung wird über den Laderegler in der Batterie gespeichert und anschließend in einem Wechselrichter in Wechselspannung transformiert. Dabei entstehen weitere Verluste.

Laderegler: Der Hersteller gibt eine Effizienz von 98,1 Prozent bei Strömen von 60 Ampere und einem 48-Volt-System an. Durch die hohen Spannungsdifferenzen bei dem hier betrachteten 12V-System zwischen Modul- und Batteriespannung wird in diesem Beispiel eine optimistische Effizienz von 90 Prozent angenommen.

Energiespeicher: Der Ladewirkungsgrad eines Bleiakkumulators liegt zwischen 60 und 70 Prozent. Da es sich um ein vergleichsweise neues Modell handelt, wird in diesem Beispiel optimistisch mit einem Wirkungsgrad von 70 Prozent gerechnet.

Wechselrichter: Der Inselnetzwechselrichter besitzt laut Herstellerangaben einen Wirkungsgrad von > 80 Prozent.

Gesamtrechnung:

Jahresmodularbeit * Wirkungsgrad Laderegler * Wirkungsgrad Bleiakkumulator * Wirkungsgrad Wechselrichter

710 kWh * 0,9 * 0,7 * 0,8 = 358 kWh = 0,358 MWh

Die Anlage produziert in einem Jahr also rund 358 kWh Strom. Dieser Wert gibt allerdings noch keine Aussage, ob der Strom tatsächlich auch vollständig genutzt werden kann, da bei einer Inselanlage keine Einspeisung in das öffentliche Stromnetz vorgesehen ist. Darüber hinaus wird hier nur der Jahresertrag betrachtet, der erheblichen saisonalen Schwankungen unterliegt:

Händische Überschlagsrechnung Monatsarbeitsleistung Dezember

Laut DWD standen im Mittel 1981 – 2010 in Drößnitz zwischen 15 und 20 kWh/m² Globalstrahlung zur Verfügung. Da die Module nicht horizontal installiert werden, werden hier 35 kWh (Quelle: PVgis) angenommen. Die Erträge für den Januar setzen sich also wie folgt zusammen:

Globalstrahlung/m² * Modulfläche * Wirkungsgrad Module *Wirkungsgrad System

35 kWh * 4,32m² * 0,137 * 0,9 * 0,7 * 0,8 = 10 kWh (690 Wp)

10 kWh für einen Monat sind natürlich ein sehr bescheidenes Ergebnis, wenn man bedenkt, dass in den Wintermonaten der meiste Strom verbraucht wird.

Händische Überschlagsrechnung Monatsarbeitsleistung für den Sommermonat Juli

Laut DWD standen im Mittel 1981 – 2010 zwischen 156 und 160 kWh/m² Globalstrahlung zur Verfügung. Da die Module nicht horizontal installiert werden, werden hier 170 kWh angenommen. Die Erträge für den Juli setzen sich also wie folgt zusammen:

170 kWh * 4,32 * 0,137 * 0,9 * 0,7 * 0,8 = 51 kWh (690 Wp)

Daumenregel: Um in Drößnitz (Weimar, Thüringen) in einem Wintermonat (Dezember) die gleichen Erträge wie in einem Sommermonat (Juli) umzusetzen, müsste man die PV-Anlage mindestens 5-fach überdimensionieren. Dieser Faktor berücksichtigt noch nicht den im Winter höheren Bedarf an elektrischem Strom und die z.T. erheblichen Schwankungen der täglichen Stromproduktion.

Neben diesen Überschlagsrechnungen kann man die zu erwartenden Erträge auch mit der Online-Datenbank PVgis berechnen, hier sind die Ergebnisse ähnlich:

[table id=8 /]

 

Vergleich Drößnitz – Südspanien

Wesentlich besser sieht die Bilanz des Sonnenkraftwerks aus, wenn man statt Drößnitz einen Standort in Südspanien wählt. Hier steht eine Globalstrahlung von rund 1900 kWh/m² pro Jahr zur Verfügung. Da die Module nicht horizontal installiert werden, werden hier rund 2000 kWh/m² angenommen. Das entspricht einem Jahresarbeitsertrag der Module von

2000 kWh * 4.32m² * 0,137 = 1183 kWh (690 Wp)

und einem Ertrag für das Gesamtsystem von

1183 kWh * 0,9 * 0,7 * 0,8 = 596 kWh (690 Wp)

Die Erträge sind damit nahezu doppelt so hoch wie in Drößnitz. Viel wichtiger ist jedoch, dass die saisonalen Schwankungen wesentlich geringer ausfallen und eine extreme Überdimensionierung wie in Mitteldeutschland unnötig ist.

Wirtschaftlichkeitsberechnung

Die hier angestrengte betriebswirtschaftliche

Die Kosten für die reine Anlagentechnik setzen sich wie folgt zusammen:

[table id=9 /]

 

Alle angegeben Posten beinhalten 19 Prozent Mehrwertsteuer, die Versandkosten sind nicht enthalten.

ROI bei durchschnittlichen Strompreis von 28 Cent/ kWh in den nächsten 20 Jahren

0,28 * 377 kWh = 105,56 EUR

Gesamtkosten: ca. 2213,67- EUR

ROI: 20,9 Jahre

ROI bei durchschnittlichen Strompreis von 34 Cent/ kWh in den nächsten 20 Jahren

0,34 * 377 kWh = 128,18 EUR

Gesamtkosten: ca. 2213,67- EUR

ROI: 17,3 Jahre

Verbrauch

Ein wesentlicher Faktor zum Betreiben der Inselanlage ist die Effizienz der Endgeräte. Mit Stromfressern kommt man hier nicht weit, wie das nachfolgende Beispiel illustriert:

Zielfunktion: 1 Stunde im Internet surfen

Desktop-PC alt (Leistung: 150 Watt) – 150 Wh

Subnotebook (Leistung: 35 Watt) – 35 Wh

Tablet-PC (Leistung: 4 Watt) – 4 Wh

Zwischen Desktop-PC und Tablet-PC liegt ein Faktor von 37,5. Oder: Der Desktop-PC benötigt die 37,5 fache Menge an Strom, obwohl die Zielfunktion die selbe ist.

1 Bundesnetzagentur: SAIDI-Werte seit 2006 [Link]

Der Begriff Eigenversorgung bezieht sich auf die vollständige Versorgung mit elektrischer Energie. Dafür werden bei einem angenommenen 3-Personen-Haushalt rund 3000 Kilowattstunden elektrische Arbeit benötigt, was im Durchschnitt rund 8 kWh pro Tag bedeutet. Das Sonnenkraftwerk kann in den Sommermonaten davon ca. 25 – 30 Prozent beisteuern.

3 Thüringer Allgemeine: Martin Käßler installierte eigenes Sonnenkraftwerk [Link]

Das Wetterstationsnetz von Meteomedia bietet eine regionale Wetterprognose inklusive der zu erwartenden Sonnenstunden. Diese Sonnenstunden sind Basis der Energieerträge für den darauffolgenden Tag. [Link]

Technische Daten:

  • Umsetzung: 2012
  • 690 Wp Photovoltaik (Maximale Ausbaustufe bei 12 V = 920 Wp; 24V = 1380 Wp) – Upgrade Juni 2013: 920 Wp (+ 1 Modul)
  • 12V 210 Ah Blei-Gel-Akku
  • Outback Flexmax 60 Laderegler
  • 1800 Watt Sinus-Wechselrichter