
Mega-Sonnensturm trifft Erde: Das Dossier zu den multiplen CMEs und die Kp-Index-Prognose für Polarlichter in Deutschland am Donnerstag (13. November 2025)
1. Zusammenfassung für Polarlichter November 2025: Ein “Perfekter Sturm” im Weltraum
Die Erde befindet sich in einem Zustand erhöhter Weltraumwetter-Alarmbereitschaft. Unser Planet steht in der direkten Schusslinie einer Serie von hochenergetischen Eruptionen, die von einer außergewöhnlich aktiven Sonnenregion ausgehen. Diese Situation hat das Potenzial, in den kommenden 48 bis 72 Stunden signifikante geomagnetische Störungen und – als spektakuläre Folge – intensive Polarlichter bis weit in mittlere Breitengrade hinein auszulösen.
Das Epizentrum dieser Aktivität ist die Sonnenfleckenregion AR 4274. Diese Region hat sich als extrem instil bewiesen und in schneller Abfolge multiple Sonneneruptionen der X-Klasse, der stärksten Kategorie, produziert. Die Ereignisse begannen mit einem X1.7-Flare, dem nur 26 Stunden später ein weiterer X1.2-Flare aus derselben Region folgte. Diese Eruptionen sind nicht nur intensive Strahlungsausbrüche, sondern sie haben auch gewaltige Plasmawolken ins All geschleudert.
Satellitenobservatorien, insbesondere das SOHO/LASCO-Koronagraph, haben bestätigt, dass diese Eruptionen von “Full-Halo Coronal Mass Ejections” (CMEs) begleitet wurden. Ein “Full-Halo”-Ereignis ist das unverkennbare visuelle Anzeichen dafür, dass eine massive Wolke aus geladenen Teilchen und Magnetfeldern direkt auf die Erde zugeschleudert wurde.
Die Komplexität der aktuellen Prognose liegt jedoch nicht in einem einzelnen Einschlag. Vielmehr erleben wir ein “kosmisches Verkehrsproblem”. Mindestens drei separate CMEs, die aus Eruptionen am 7., 9. und 10. November stammen, sind derzeit mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten auf dem Weg zur Erde.1 Das Space Weather Prediction Center (SWPC) der NOAA hat in seiner Analyse eine der größten Herausforderungen der Weltraumwettervorhersage hervorgehoben: die Möglichkeit einer CME-Interaktion, oft als “Kannibalen-CME” bezeichnet.
Die Modelle deuten darauf hin, dass der schnellere CME, der die Sonne am 10. November verlassen hat, den langsameren CME vom 9. November auf seiner Reise durch den interplanetaren Raum einholen könnte. Sollte diese Verschmelzung stattfinden, entsteht eine komplexere, dichtere und potenziell magnetisch stärkere Plasmawolke als die Summe ihrer Einzelteile. Solche “Kannibalen”-Ereignisse sind dafür bekannt, stärkere und komplexere geomagnetische Stürme auszulösen, als es die einzelnen CMEs getan hätten. Diese hohe Unsicherheit in der Modellierung der Ankunftszeit und der internen Struktur der Wolke ist der Hauptgrund dafür, dass verschiedene globale Wetterdienste (NOAA und das UK Met Office) zu leicht unterschiedlichen Einschätzungen über die maximale Stärke des Sturms am Donnerstag, dem 13. November, kommen.1
2. Anatomie des Ereignisses: Was ist ein “Full-Halo CME”?
Um die aktuelle Bedrohungslage und die Polarlichtprognose zu verstehen, ist es entscheidend, zwei Phänomene zu unterscheiden, die oft miteinander verwechselt werden: Sonneneruptionen (Flares) und koronale Massenauswürfe (CMEs). Man kann sie sich als den “Blitz” und die “Kanonenkugel” eines Gewitters vorstellen.
Der “Blitz”: Sonneneruption (Solar Flare)
Ein Flare ist eine gewaltige Explosion von Strahlung auf der Sonnenoberfläche. Diese Strahlung, die das gesamte Spektrum von Röntgenstrahlen bis zu sichtbarem Licht umfasst, bewegt sich mit Lichtgeschwindigkeit und erreicht die Erde in nur acht Minuten.
Die Auswirkungen dieser “Blitze” haben wir bereits erlebt. Die X-Flares aus der Region AR 4274 haben zu “R3 (Strong)” Radio-Blackouts auf der sonnenzugewandten Seite der Erde geführt. Diese hochenergetische Röntgenstrahlung ionisiert die obere Erdatmosphäre (die D-Region) und stört oder blockiert den Kurzwellen-Funkverkehr (HF-Radio).3 Navigationssysteme, die auf niederfrequenten Signalen basieren, können ebenfalls beeinträchtigt werden.3 Diese Phase des Ereignisses ist für uns bereits abgeschlossen.
Die “Kanonenkugel”: Koronaler Massenauswurf (CME)
Die “Kanonenkugel” ist der koronale Massenauswurf (CME). Bei der Explosion wird nicht nur Strahlung, sondern auch Materie – eine gigantische Wolke aus Milliarden Tonnen Plasma (ionisiertes Gas) und eingebetteten Magnetfeldern – mit Geschwindigkeiten von 500 bis über 1500 km/s ins All geschleudert.
Diese Plasmawolke ist wesentlich langsamer als der “Blitz” und benötigt typischerweise zwei bis drei Tage, um die 150 Millionen Kilometer zur Erde zurückzulegen. Es ist dieses Ereignis, auf das wir jetzt warten. Wenn diese “Kanonenkugel” auf das Erdmagnetfeld (die Magnetosphäre) trifft, löst sie einen geomagnetischen Sturm aus, der die Polarlichter verursacht.
Die Stärke des Flares (z.B. X1.7) ist zwar ein Indikator, korreliert aber nicht perfekt mit der Geschwindigkeit oder Stärke des CMEs. Man kann einen starken Flare mit einem schwachen CME haben und umgekehrt. Die Analyse der CMEs selbst ist daher für die Prognose des geomagnetischen Sturms entscheidend.
Definition: Was bedeutet “Full-Halo”?
Weltraumwetter-Prognostiker wissen, dass ein CME auf die Erde zusteuert, wenn sie ein “Full-Halo”-Ereignis beobachten. Um CMEs zu sehen, verwenden Satelliten wie SOHO spezielle Instrumente, sogenannte Koronagraphen, die die helle Sonnenscheibe künstlich ausblenden (ähnlich einer künstlichen Sonnenfinsternis).
- Ein CME, der seitlich von der Sonne ausgestoßen wird, erscheint auf diesen Bildern als eine Wolke, die sich nur in eine Richtung bewegt.
- Ein CME, der jedoch direkt auf die Erde (oder genau von ihr weg) gerichtet ist, dehnt sich aus der Perspektive des Satelliten in alle Richtungen gleichmäßig aus. Er erscheint als expandierender “Halo” oder Ring, der die ausgeblendete Sonne vollständig umgibt.
Das Beobachten eines “Full-Halo CME” ist daher die stärkste Bestätigung, die Prognostiker haben können, dass die Plasmawolke auf einen “Volltreffer” auf die Erde zusteuert. Die jüngsten Eruptionen von AR 4274 waren solche “Full-Halo”-Ereignisse.
3. Die globalen Prognosen: Ein Wettlauf der Modelle (NOAA vs. Met Office)
Die Analyse der offiziellen Warnungen der weltweit führenden Weltraumwetterzentren offenbart zwei leicht unterschiedliche Szenarien für die kommenden Tage, insbesondere für den vom Benutzer angefragten Donnerstag, den 13. November. Diese Diskrepanz ist ein direktes Ergebnis der Unsicherheit bei der Modellierung der “Kannibalen-CME”-Interaktion.
Szenario A: Die offizielle NOAA-Prognose (U.S. Space Weather Prediction Center)
Das SWPC der NOAA ist die primäre zivile US-Behörde für Weltraumwetter. Ihre Prognose basiert auf einer detaillierten Analyse der CMEs und dem Einsatz von Modellen wie dem WSA-Enlil. Die NOAA hat eine offizielle “Geomagnetic Storm Watch” für den Zeitraum vom 11. bis 13. November herausgegeben.2
Die erwartete Zeitachse der NOAA-Prognose (Stand 10. November, 21:30 UTC) ist wie folgt 2:
- Dienstag, 11. November: Es wird ein G2 (Moderate) Sturm erwartet. Dies signalisiert die wahrscheinliche Ankunft des ersten, langsameren CME-Impakts.2
- Mittwoch, 12. November: Der Sturm soll sich zu einem G3 (Strong) Sturm intensivieren. Dies wird als der erwartete Höhepunkt der Aktivität prognostiziert, wahrscheinlich ausgelöst durch die Ankunft des schnelleren CMEs vom 10. November oder die komplexe Kombination der ersten Eintreffer.2
- Donnerstag, 13. November: Die NOAA erwartet eine Abschwächung des Sturms auf ein G1 (Minor) Niveau.2 Dies ist die offizielle Baseline-Prognose für den Tag, nach dem gefragt wurde.
Szenario B: Die “Wildcard”-Prognose (UK Met Office)
Das britische Met Office, das ebenfalls ein hochentwickeltes Weltraumwetter-Vorhersagezentrum betreibt, stimmt in seiner Analyse der Ereignisse vom 11. und 12. November weitgehend mit der NOAA überein. Sie prognostizieren ebenfalls G1- bis G2-Stürme mit einer hohen Wahrscheinlichkeit (Chance) für G3-Bedingungen.1
Der entscheidende Unterschied liegt in der Prognose für Donnerstag. Das Met Office betont explizit die Unsicherheit, die sich aus der “kombinierten Beeinflussung (combined influence) weiterer Eintreffer” ergibt.1 In ihrer Prognose vom 11. November (13:45 UTC) heißt es: “Die Aktivität wird sich wahrscheinlich erhöhen und eine Chance auf G4 (Severe) Stürme an Tag 2-3 (12.-13. November) geben”.1
Diese “Tag 3”-Referenz bezieht sich direkt auf Donnerstag, den 13. November. Während die NOAA also eine Abschwächung auf G1 prognostiziert, hält das Met Office eine Eskalation auf G4 für möglich.
Interpretation der Diskrepanz
Diese beiden Prognosen sind kein Widerspruch, sondern zwei Seiten derselben Medaille der Unsicherheit.
- Die NOAA-Prognose (G1 für Donnerstag) stellt das wahrscheinlichste (deterministische) Szenario dar: Die Energie der ersten Einschläge wird abgebaut, und der Sturm klingt ab.
- Die Met Office-Warnung (G4-Chance für Donnerstag) stellt ein probabilistisches “High-Impact”-Szenario dar. Sie kommuniziert, dass die Bedingungen im interplanetaren Raum (die “Kannibalen-CME”-Interaktion) so komplex und energiereich sind, dass ein zweiter, möglicherweise noch stärkerer Impuls nicht ausgeschlossen werden kann.
Für einen Polarlichtjäger in Deutschland bedeutet dies: Die Baseline-Erwartung für Donnerstag ist ein nachlassender Sturm, aber es besteht eine reale, wenn auch geringere, “Wildcard”-Chance auf ein extremes Ereignis.
Es ist auch wichtig, ältere Prognosen zu kontextualisieren. Langfristige 27-Tage-Prognosen, die noch am 3. November ausgegeben wurden, zeigten für den 13. November einen extrem ruhigen Kp-Index von 2 an. Diese Prognosen sind durch die massiven, unvorhergesehenen Eruptionen der Region AR 4274 vollständig hinfällig geworden und demonstrieren eindrücklich die hohe Dynamik und Kurzfristigkeit von präzisen Weltraumwettervorhersagen.
4. Essentielles Wissen: Der Kp-Index und die G-Skala (Der “Übersetzer” für Polarlichtjäger)
Um die Prognosen “G1” oder “G4” in eine konkrete Polarlicht-Wahrscheinlichkeit zu übersetzen, müssen zwei Messsysteme verstanden werden: die G-Skala und der Kp-Index.
Was ist ein geomagnetischer Sturm?
Ein geomagnetischer Sturm ist eine vorübergehende, aber globale und heftige Störung des Erdmagnetfeldes, der Magnetosphäre. Wenn die Plasmawolke (CME) auf dieses Magnetfeld trifft, komprimiert sie es und überträgt Energie. Diese Energie “lädt” die Magnetosphäre auf. Das System entlädt diese überschüssige Energie, indem es geladene Teilchen (hauptsächlich Elektronen und Protonen) entlang der Magnetfeldlinien in die obere Atmosphäre leitet. Dort kollidieren sie mit Sauerstoff- und Stickstoffatomen und regen diese zum Leuchten an – wir sehen Polarlichter.
Während Polarlichter die schönste Auswirkung sind, können starke Stürme auch technologische Systeme stören, indem sie Stromnetze überlasten, die Satellitenkommunikation und GPS-Signale beeinträchtigen und die Satellitensteuerung erschweren.3
Was ist der Kp-Index?
Der Kp-Index ist die “planetarische Kennziffer”. Er ist der weltweit anerkannte wissenschaftliche Standard zur Messung der globalen geomagnetischen Aktivität.
- Skala: Der Kp-Index reicht von 0 (extrem ruhig) bis 9 (extrem starker Sturm).
- Messung: Er wird alle drei Stunden berechnet und basiert auf den Messungen eines globalen Netzwerks von 13 Magnetometer-Observatorien.
- Quelle: Der offizielle, definitive Kp-Index wird vom Adolf-Schmidt-Observatorium für Erdmagnetismus des Deutschen Geoforschungszentrums (GFZ) in Potsdam berechnet und herausgegeben. Das GFZ stellt auch quasi-Echtzeit-Nowcasts zur Verfügung.
Für Polarlichtjäger ist der Kp-Index die wichtigste Zahl. Sie gibt direkt an, wie stark das Magnetfeld gestört ist und wie weit südlich das Polarlichtoval wandert.
Was ist die G-Skala?
Die G-Skala (G1 bis G5) ist eine vereinfachte Warnskala, die das NOAA Space Weather Prediction Center (SWPC) entwickelt hat, um die Auswirkungen eines Sturms für die Öffentlichkeit und die Industrie zu kommunizieren.3 Diese Skala ist direkt an den Kp-Index gekoppelt.3
Tabelle 1: Der “Übersetzer” – G-Skala vs. Kp-Index
Diese Tabelle ist der entscheidende “Rosetta-Stein”, um die offiziellen Prognosen (G-Skala) in die für Polarlichtjäger relevante Metrik (Kp-Index) zu übersetzen.
| NOAA G-Skala | Beschreibung | Zugehöriger Kp-Index | Durchschnittliche Häufigkeit (pro 11-Jahres-Zyklus) |
| G1 | Schwach (Minor) | Kp = 5 | 1700 Zyklen (900 Tage) |
| G2 | Mäßig (Moderate) | Kp = 6 | 600 Zyklen (360 Tage) |
| G3 | Stark (Strong) | Kp = 7 | 200 Zyklen (130 Tage) |
| G4 | Schwer (Severe) | Kp = 8 | 100 Zyklen (60 Tage) |
| G5 | Extrem (Extreme) | Kp = 9 | 4 Zyklen (4 Tage) |
Datenquellen für die Tabelle: 3
Mit diesem “Übersetzer” wird die Prognose klar:
- NOAAs Prognose für Donnerstag: G1 = Ein maximaler Kp-Index von 5 wird erwartet.
- Met Offices Prognose für Donnerstag: “Chance auf G4” = Es besteht die Möglichkeit, dass der Kp-Index 8 erreicht.
5. Kernprognose: Polarlichter November 2025: Die Wahrscheinlichkeit für Deutschland (Donnerstag, 13. November 2025)
Die entscheidende Frage ist nun, was diese Kp-Werte für Beobachter in Deutschland bedeuten. Die Sichtbarkeit von Polarlichtern hängt von der magnetischen Breite (MLAT) ab, die leicht von der geografischen Breite abweicht.5
Analysen von Polarlicht-Sichtungen in Mitteleuropa zeigen klare Schwellenwerte 5:
- Kp 5 (G1): Polarlichter sind typischerweise nur in den nördlichsten Teilen Deutschlands (z.B. Flensburg, Schleswig-Holstein, Ostseeküste) als schwaches, oft farbloses Glühen tief am Nordhorizont sichtbar.3
- Kp 6 (G2): Die Sichtbarkeitslinie rückt nach Süden. In Norddeutschland (z.B. Flensburg) sind Polarlichter wahrscheinlich, in Mitteldeutschland fotografisch möglich.5
- Kp 7 (G3): Dies ist der Schwellenwert für Deutschland. Polarlichter werden am 50. Breitengrad (Region Frankfurt) wahrscheinlich.5 In Berlin (ca. 50° MLAT) sind Sichtungen bei Kp 7-8 zu erwarten. In Norddeutschland wäre die Aurora hoch am Himmel.
- Kp 8 (G4): Ein solches Ereignis würde Polarlichter in ganz Deutschland sichtbar machen. In Nord- und Mitteldeutschland wäre die Aurora potenziell über dem gesamten Himmel (Zenit-Sichtungen, bekannt als “Corona”) sichtbar. Selbst in Süddeutschland (München, Alpen) wäre sie als deutliche Struktur am Nordhimmel zu sehen.5
Basierend auf diesen Schwellenwerten können wir nun die beiden Prognose-Szenarien vom 13. November auf Deutschland anwenden.
Prognose-Szenario 1: Das “Baseline-Szenario” (Basierend auf der offiziellen NOAA G1-Warnung)
Dieses Szenario geht davon aus, dass der Sturm nach seinem Höhepunkt am Mittwoch wie von NOAA erwartet abklingt.2
- Prognostizierter Minimaler Kp-Index (Donnerstag): Kp 4.
- Begründung: Dies stellt ein Abklingen des Sturms dar. Deutsche Datenquellen, die NOAA-Prognosen interpretieren, deuten bereits auf einen Kp-Wert von 4.0 für die Nacht von Mittwoch auf Donnerstag (00:00 UTC) hin 5, was eine plausible Untergrenze für den Folgetag darstellt, falls der Sturm wie erwartet nachlässt.
- Prognostizierter Maximaler Kp-Index (Donnerstag): Kp 5.
- Begründung: Dies ist die per Definition höchste Stufe eines G1 (Minor) Sturms 3 und entspricht der offiziellen NOAA-Warnung für diesen Tag.2
- Wahrscheinlichkeit für Polarlichter in Deutschland (Szenario 1): Gering.
- Norddeutschland (Flensburg, Kiel, Ostseeküste): Möglich. Bei perfekten Bedingungen (völlige Dunkelheit, klarer Himmel, freie Sicht nach Norden) könnte ein schwaches, graues oder fotografisch grünes Band am Horizont erscheinen.
- Mittel- und Süddeutschland (Berlin, Frankfurt, München): Extrem unwahrscheinlich. Ein Kp 5-Sturm ist nicht stark genug, um das Polarlichtoval so weit südlich zu verschieben.5
Prognose-Szenario 2: Das “Wildcard-Szenario” (Basierend auf der Met Office G4-Chance)
Dieses Szenario geht davon aus, dass die komplexe “Kannibalen-CME”-Interaktion den Sturm am Donnerstag erneut entfacht oder auf einem extrem hohen Niveau hält.1
- Prognostizierter Minimaler Kp-Index (Donnerstag): Kp 5.
- Begründung: Selbst in diesem volatilen Szenario würde der Sturm nicht unter das bereits prognostizierte G1-Niveau fallen. Die Aktivität bliebe hoch.
- Prognostizierter Maximaler Kp-Index (Donnerstag): Kp 8.
- Begründung: Dies entspricht der G4 (Severe) Warnstufe 3, die das Met Office als reale “Chance” für den 13. November (“day 3”) ausgegeben hat.1 Ein G3-Sturm (Kp 7) wäre in diesem Szenario ebenfalls ein sehr wahrscheinliches Ergebnis.1
- Wahrscheinlichkeit für Polarlichter in Deutschland (Szenario 2): Hoch bis Sehr Hoch.
- Bei Kp 7 (G3): Die Sichtbarkeit in ganz Deutschland wäre wahrscheinlich. In Norddeutschland wäre die Aurora hoch am Himmel, farbig (grün, rot) und strukturiert (“Beamer”). In Mitteldeutschland (Berlin, Frankfurt) wäre sie deutlich am Nordhorizont sichtbar. In Süddeutschland wäre sie fotografisch und potenziell visuell am Horizont.5
- Bei Kp 8 (G4): Die Sichtbarkeit in ganz Deutschland wäre gegeben. Dies wäre ein Großereignis. In Nord- und Mitteldeutschland wäre die Aurora potenziell über dem gesamten Himmel, bis hin zum Zenit. Selbst in Süddeutschland wäre sie als helle, farbige Struktur hoch am Nordhimmel zu sehen.5
Tabelle 2: Polarlicht-Prognose für Deutschland – Kp-Index und Sichtbarkeit
Diese Tabelle dient als praktischer Leitfaden für Beobachter in Deutschland. Sie fasst die Schwellenwerte und die beiden Prognose-Szenarien zusammen.
| Kp-Index | NOAA G-Skala | Sichtbarkeit Norddeutschland (z.B. Flensburg, Rügen) | Sichtbarkeit Mitteldeutschland (z.B. Berlin, Köln, Frankfurt) | Sichtbarkeit Süddeutschland (z.B. München, Stuttgart) |
| Kp 4 | (Ruhig) | Sehr unwahrscheinlich. | Nicht sichtbar. | Nicht sichtbar. |
| Kp 5 | G1 (Schwach) | Möglich. Als schwaches, farbloses Glühen tief am Nordhorizont. (NOAA-Baseline-Prognose für Do.) | Sehr unwahrscheinlich. Nur fotografisch unter besten Bedingungen. | Nicht sichtbar. |
| Kp 6 | G2 (Mäßig) | Wahrscheinlich. Deutlich am Nordhorizont sichtbar, evtl. mit Strukturen (Beamer). | Möglicherweise fotografisch am Nordhorizont. | Nicht sichtbar. |
| Kp 7 | G3 (Stark) | Hoch Wahrscheinlich. Hoch am Himmel, farbig, tanzende Beamer. (NOAA-Prognose für Mi.) | Wahrscheinlich. Deutlich am Nordhorizont sichtbar, Farben möglich. | Fotografisch am Horizont möglich. |
| Kp 8 | G4 (Schwer) | Sehr Hoch. Aurora über dem gesamten Himmel, potenziell über dem Zenit (Corona). (Met Office Wildcard-Chance für Do.) | Hoch Wahrscheinlich. Hoch am Himmel, deutlich farbig und strukturiert. | Wahrscheinlich. Deutlich am Nordhimmel sichtbar. |
| Kp 9 | G5 (Extrem) | Sicher. Himmel füllend. | Sicher. Himmel füllend. | Sicher. Hoch am Himmel. |
Datenquellen für die Tabelle: 1
6. Fazit und Handlungsempfehlung für Polarlichtjäger in Deutschland
Zusammenfassung der Prognose
Die Analyse der Daten von NOAA, Met Office und anderen Quellen ergibt ein komplexes Bild für Donnerstag, den 13. November 2025.
- Das wahrscheinlichste Szenario (NOAA-Baseline): Der geomagnetische Sturm erreicht seinen Höhepunkt am Mittwoch (12. Nov.) und klingt bis Donnerstag auf ein G1 (Kp 5)-Niveau ab.2 In diesem Fall sind die Polarlichtchancen für die meisten Regionen Deutschlands am Donnerstag gering und beschränken sich auf den äußersten Norden.
- Das “Wildcard”-Szenario (Met Office Chance): Aufgrund der hochkomplexen “Kannibalen-CME”-Interaktion besteht eine reale, wenn auch geringere, Chance, dass der Sturm am Donnerstag nicht abklingt, sondern sich zu einem G4 (Kp 8)-Sturm re-intensiviert.1 In diesem Fall wären die Polarlichtchancen in ganz Deutschland sehr hoch.
Handlungsempfehlung (Action Plan)
Aufgrund dieser Unsicherheit ist eine statische Prognose unzureichend. Ein aktives Monitoring der Echtzeit-Bedingungen ist für Donnerstag unerlässlich.
- Fokus auf Mittwochabend (12. Nov.): Die höchste prognostizierte Wahrscheinlichkeit für Polarlichter in ganz Deutschland besteht in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag. Die offizielle G3 (Kp 7) Warnung 2 und deutsche Prognosen, die einen Kp-Index von 7.3 erwarten, machen diese Nacht zum primären Beobachtungsziel.
- Donnerstag (13. Nov.) nicht abschreiben: Planen Sie für die Baseline (Kp 5), aber seien Sie auf die Wildcard (Kp 8) vorbereitet. Die Situation ist extrem volatil. Ein zweiter Impuls könnte den Sturm unerwartet wiederbeleben.
- Echtzeit-Daten-Monitoring (Wann aktiv werden?): Vertrauen Sie in der Nacht selbst nicht mehr den Prognosen, sondern nur noch den Echtzeit-Daten.
- Kp-Index Nowcast: Beobachten Sie den quasi-Echtzeit-Kp-Index (3-Stunden-Wert) des GFZ Potsdam oder des NOAA SWPC. Sobald dieser Wert nachhaltig über Kp 5 steigt, werden Sie aktiv.
- Aurora-Ovation-Modell: Das “Aurora Dashboard” der NOAA zeigt eine 30-Minuten-Vorhersage der “Viewline” (der südlichsten Sichtbarkeitsgrenze). Wenn diese Linie Deutschland erreicht, besteht unmittelbare Sichtungschance.
- Profi-Tipp (Echtzeit-Sonnenwind): Fortgeschrittene Beobachter überwachen den “Real Time Solar Wind (RTSW)” auf den Dashboards des SWPC. Die Ankunft der CME-Schockfront wird durch einen plötzlichen, steilen Anstieg der Solar Wind Speed (Geschwindigkeit) und Density (Dichte) signalisiert. Der Sturm selbst wird jedoch erst durch das Magnetfeld der Wolke ausgelöst. Der wichtigste Parameter ist die Bz-Komponente (die Nord-Süd-Ausrichtung des Magnetfelds). Sobald dieser Wert stark negativ (südlich) wird, “öffnen” sich die Tore des Erdmagnetfelds, und die Energieübertragung beginnt. Ein stark negativer Bz-Wert ist der stärkste Indikator für einen unmittelbar bevorstehenden, starken geomagnetischen Sturm.
- Beobachtungs-Tipps: Um Polarlichter in Deutschland zu sehen, benötigen Sie:
- Dunkelheit: Verlassen Sie die Stadt und meiden Sie jegliche Lichtverschmutzung.
- Freie Sicht: Suchen Sie einen erhöhten Punkt mit freiem, unverstelltem Blick nach Norden.
- Geduld: Lassen Sie Ihre Augen mindestens 20-30 Minuten an die Dunkelheit gewöhnen. Polarlichter können in Phasen auftreten.
- Kamera: Moderne Kameras (DSLR, spiegellose Systeme oder sogar High-End-Smartphones im Nachtmodus) sind weitaus empfindlicher für die Farben der Aurora (insbesondere Rot, das in mittleren Breiten häufig auftritt) als das menschliche Auge. Machen Sie eine Langzeitbelichtung (10-20 Sekunden) in Richtung Norden. Möglicherweise sehen Sie auf dem Foto grünes oder rotes Leuchten, bevor Ihr Auge es wahrnimmt.
Referenzen
- Space Weather – Met Office, Zugriff am November 11, 2025, https://weather.metoffice.gov.uk/specialist-forecasts/space-weather
- Geomagnetic Storm Watches for 11-13 November | NOAA / NWS …, Zugriff am November 11, 2025, https://www.swpc.noaa.gov/news/geomagnetic-storm-watches-11-13-november
- Space Weather Enthusiasts Dashboard | NOAA / NWS Space …, Zugriff am November 11, 2025, https://www.spaceweather.gov/communities/space-weather-enthusiasts-dashboard
- Homepage | NOAA / NWS Space Weather Prediction Center, Zugriff am November 11, 2025, https://www.swpc.noaa.gov/
- Heute Polarlichter sehen: Vorhersage November 2025 – Heute am …, Zugriff am November 11, 2025, https://www.heute-am-himmel.de/polarlichter
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