
Komet C/2025 A6 (Lemmon): Ein umfassender Leitfaden zum Himmelsereignis des Herbstes
Einleitung: Der Überraschungsgast am Herbsthimmel – Komet C/2025 A6 (Lemmon)
Am Himmel des Nordens bahnt sich ein Schauspiel an, das Astronomen und Himmelsbeobachter gleichermaßen in seinen Bann zieht. Ein Komet, der zunächst als unscheinbares Objekt galt, hat sich zu einem der vielversprechendsten Himmelskörper des Jahres 2025 entwickelt. Komet C/2025 A6 (Lemmon), ein eisiger Wanderer aus den Tiefen des Sonnensystems, verspricht, den Herbsthimmel mit seiner Präsenz zu schmücken und bietet eine seltene Gelegenheit zur Beobachtung, möglicherweise sogar mit bloßem Auge. Seine Geschichte ist ein Paradebeispiel für die faszinierende Unvorhersehbarkeit, die die Kometenbeobachtung so reizvoll macht.
Die Entdeckungsgeschichte des Kometen begann unspektakulär. Am 3. Januar 2025 erfasste der Astronom D. Carson Fuls im Rahmen des Mount Lemmon Survey in Arizona ein extrem lichtschwaches Objekt.1 Mit einer scheinbaren Helligkeit von nur Magnitude +21,5 war es nicht mehr als ein winziger, sternähnlicher Lichtpunkt – rund eine Million Mal lichtschwächer als die schwächsten Sterne, die unter idealen Bedingungen für das menschliche Auge sichtbar sind.3 Aufgrund dieser extremen Lichtschwäche wurde das Objekt zunächst als Asteroid katalogisiert.5 Erst nachfolgende Beobachtungen im Februar 2025 offenbarten untrügliche Anzeichen kometarer Aktivität: eine winzige, aber dichte Koma mit einem Durchmesser von 2,2 Bogensekunden und einen kaum wahrnehmbaren Schweif von 2 Bogensekunden Länge.1 Damit war seine wahre Natur als Komet bestätigt.
Das große Erwachen: Die unerwartete Helligkeitsexplosion
Basierend auf den ersten Beobachtungen waren die Prognosen für die Helligkeitsentwicklung von C/2025 A6 (Lemmon) äußerst bescheiden. Experten rechneten mit einer maximalen Helligkeit von lediglich Magnitude +9 bis +10, was ihn zu einem Ziel ausschließlich für Amateurastronomen mit Teleskopen gemacht hätte.1 Nachdem der Komet im Juni und Juli 2025 von der Erde aus gesehen hinter der Sonne vorbeigezogen war (eine sogenannte solare Konjunktion), wurde er Mitte August am Morgenhimmel wieder sichtbar – und überraschte die Fachwelt.1
Entgegen aller Erwartungen präsentierte sich der Komet dramatisch aufgehellt. Innerhalb von nur einem Monat steigerte er seine Helligkeit von Magnitude 16,5 auf etwa Magnitude 9.6 Diese Entwicklung setzte sich fort und führte zu einer radikalen Neubewertung seines Potenzials. Aktuelle, optimistische Prognosen gehen nun von einer Spitzenhelligkeit zwischen Magnitude +2,5 und +4 aus.1 Sollte sich dies bewahrheiten, wäre der Komet rund 1.000 Mal heller als ursprünglich angenommen und würde in den Bereich der Sichtbarkeit mit bloßem Auge vorrücken.1
Ein solch rapider Helligkeitsanstieg ist ein klassisches Beispiel für das dynamische Verhalten von Kometen. Erfahrene Beobachter bleiben stets vorsichtig, da solche Ereignisse durch kurzlebige Ausbrüche auf der Kometenoberfläche verursacht werden können, bei denen Gase und Staub explosionsartig freigesetzt werden.7 Solche “Cryovulkane” führen zu einer temporären Aufhellung, die nicht unbedingt von Dauer ist. Im Fall von C/2025 A6 (Lemmon) hält der Helligkeitsanstieg jedoch seit Mitte August kontinuierlich an, was die Wahrscheinlichkeit eines nur kurzen Ausbruchs verringert.8 Vieles deutet darauf hin, dass es sich um eine nachhaltige Zunahme der Aktivität handelt, da der Komet sich der Sonne nähert und die Sublimation von Eis auf seiner Oberfläche intensiviert wird. Diese Entwicklung hat eine Welle der Vorfreude ausgelöst und macht den Kometen zu einem der am meisten erwarteten astronomischen Ereignisse des Herbstes.
Der große Auftritt im Oktober: Ein detaillierter Beobachtungsleitfaden für Deutschland
Der Oktober 2025 bietet für Beobachter in Deutschland ein außergewöhnliches Fenster, um die Reise des Kometen Lemmon zu verfolgen. Seine Bahn, seine Helligkeit und seine Position am Himmel schaffen nahezu perfekte Bedingungen. Dieser Leitfaden liefert alle notwendigen Informationen, um das Himmelsschauspiel optimal zu erleben.
Die Himmelsbühne: Der Weg des Kometen durch die Sternbilder
Im Laufe des Oktobers wird Komet Lemmon mit beachtlicher Geschwindigkeit über den Himmel ziehen. Seine Reise führt ihn durch mehrere bekannte Sternbilder der nördlichen Hemisphäre, was die Orientierung erheblich erleichtert. Anfang Oktober befindet er sich im Sternbild Kleiner Löwe (Leo Minor), von wo aus er rasch in den Großen Bären (Ursa Major) wechselt. Um den 8. Oktober erreicht er die Jagdhunde (Canes Venatici), bevor er um den 20. Oktober in den Bärenhüter (Boötes) eintritt.1 Seine hohe scheinbare Geschwindigkeit von bis zu 4 Grad pro Tag gegen Ende des Monats bedeutet, dass seine Bewegung vor dem Sternenhintergrund bereits innerhalb weniger Minuten im Teleskop sichtbar wird.1
Für die Beobachtung sind mehrere enge Begegnungen mit hellen Sternen von besonderer Bedeutung, da sie als exzellente “Wegweiser” dienen:
- 6. Oktober: Der Komet passiert den Stern Tania Australis (Magnitude 3,1) im Sternbild Großer Bär in einem Abstand von weniger als 0,3 Grad. Dieser Stern markiert einen der “Sprünge der Gazelle” und ist leicht zu finden.3
- 16. Oktober: Eine weitere hervorragende Orientierungshilfe bietet die Passage in weniger als einem Grad Entfernung am Stern Cor Caroli (Magnitude 2,9), dem Hauptstern der Jagdhunde.1 Dies ist eine erstklassige Gelegenheit für Astrofotografen.
- 22. Oktober: Der Komet steht etwa 10 Grad – was der Breite einer geballten Faust bei ausgestrecktem Arm entspricht – über dem hellen, orange leuchtenden Stern Arktur im Bärenhüter. Gleichzeitig befindet er sich nur 2 Grad vom Stern Izar (Epsilon Bootis) entfernt, was das Auffinden selbst für ungeübte Beobachter sehr einfach macht.3
Die Flugbahn des Kometen ist für Beobachter in Mitteleuropa ein besonderer Glücksfall. Seine stark geneigte Umlaufbahn von 143,6 Grad zur Ekliptik und seine retrograde (rückläufige) Bewegung sorgen dafür, dass er hoch am nördlichen Himmel steht.6 Diese geometrische Konstellation hat eine entscheidende praktische Konsequenz: Ab dem 10. Oktober wird der Komet für alle Standorte nördlich von 48 Grad geografischer Breite zirkumpolar.1 Da der größte Teil Deutschlands nördlich dieses Breitengrades liegt, bedeutet dies, dass der Komet die ganze Nacht über nicht unter den Horizont sinkt. Er ist somit die gesamte Nacht über beobachtbar, auch wenn er zeitweise tief am Nordhorizont steht. Dies bietet eine außergewöhnliche Flexibilität und verlängert das Beobachtungsfenster erheblich.
Ausrüstung für die Kometenjagd: Vom bloßen Auge bis zum Smart-Teleskop
Die Wahl des richtigen Instruments hängt von den persönlichen Zielen und den örtlichen Bedingungen ab. Komet Lemmon bietet für jede Ausrüstungsstufe etwas.
Sichtung ohne Hilfsmittel (Das bloße Auge)
Eine Sichtung mit bloßem Auge ist die Königsdisziplin der Kometenbeobachtung und hängt von zwei Faktoren ab: der tatsächlichen Helligkeit des Kometen und der Dunkelheit des Beobachtungsortes. Sollten die optimistischen Prognosen eintreten und der Komet eine Helligkeit von Magnitude 4 oder heller erreichen, wird er von einem dunklen Standort abseits der städtischen Lichtverschmutzung als schwacher, nebliger Fleck sichtbar sein.1 Die besten Chancen hierfür bestehen um den 21. Oktober, dem Zeitpunkt der größten Erdnähe. Ein glücklicher Zufall will es, dass an diesem Tag auch Neumond ist, sodass kein störendes Mondlicht die Beobachtung beeinträchtigt.10
Erkundung mit dem Fernglas (10×50 oder ähnlich)
Für die meisten Beobachter wird ein gutes Fernglas das Instrument der Wahl sein. Ein handelsübliches 10×50 oder 7×50 Fernglas ist bereits ausreichend, um den Kometen mühelos zu identifizieren.2 Im Fernglas wird er als “kleiner, unscharfer, grünlicher Stern” erscheinen.2 Seine diffuse Koma hebt ihn deutlich von den punktförmigen Sternen der Umgebung ab. Mit einem auf einem Stativ montierten Fernglas lässt sich möglicherweise sogar die Ausdehnung der Koma und die Richtung des Schweifansatzes erkennen.
Beobachtung mit dem Teleskop
Ein Teleskop, selbst ein kleines mit geringer Öffnung, offenbart bereits deutlich mehr Details. Die grünliche Farbe der Koma wird intensiver erscheinen, und unter dunklem Himmel könnten erste Strukturen im Schweif sichtbar werden. Ein besonderes Erlebnis im Teleskop ist die Beobachtung der schnellen Eigenbewegung des Kometen. Aufgrund seiner relativen Nähe zur Erde wird sich seine Position vor dem Hintergrund der Sterne bereits nach wenigen Minuten merklich verändern – ein direkter Beweis seiner kosmischen Reise.3
Spezial-Leitfaden: Komet Lemmon mit dem ZWO Seestar S50 meistern
Das ZWO Seestar S50 ist ein modernes Smart-Teleskop, das die Astrofotografie revolutioniert hat. Die Aufnahme eines sich schnell bewegenden Kometen stellt jedoch eine besondere Herausforderung für seine automatisierte Software dar. Mit den richtigen Techniken lassen sich dennoch beeindruckende Ergebnisse erzielen.
Die grundlegende Herausforderung liegt darin, dass die GoTo- und Live-Stacking-Funktionen des Seestar darauf ausgelegt sind, Sterne zu verfolgen, die sich mit siderischer Geschwindigkeit bewegen. Ein Komet bewegt sich jedoch zusätzlich relativ zu diesem Sternenhintergrund. Eine lange, standardmäßige Belichtungsserie würde daher zu scharfen Sternen, aber einem verschwommenen, länglichen Kometen führen.11
Es gibt zwei bewährte Methoden, um dieses Problem zu umgehen:
Methode 1: Der schnelle Schnappschuss (Kurze Belichtungsreihen)
Dies ist der einfachste Weg zu einem ansprechenden Ergebnis. Man verwendet den normalen “Stargazing”-Modus, begrenzt die Gesamtbelichtungszeit jedoch auf wenige Minuten. Eine Belichtungsreihe von 3 bis 5 Minuten ist in der Regel ein guter Kompromiss: Sie sammelt genug Licht, um den Kometen deutlich darzustellen, während die Bewegungsunschärfe des Kerns minimal bleibt.11 Das Resultat ist ein schönes Bild, das sich hervorragend zum Teilen eignet.
Methode 2: Die Experten-Technik (Manuelles Stacken)
Für das bestmögliche Bild ist ein manueller Eingriff erforderlich. Hierzu muss in den Einstellungen der Seestar-App die Option aktiviert werden, die einzelnen Rohbilder (Subframes) zu speichern. Nach der Beobachtung werden diese FITS- oder PNG-Dateien auf einen Computer übertragen. Mit spezialisierter Astro-Software wie dem kostenlosen Deep Sky Stacker (DSS) oder Siril werden die Bilder dann manuell überlagert (“gestackt”). Der entscheidende Schritt ist, der Software die Anweisung zu geben, die Bilder nicht an den Sternen, sondern am Kometenkern auszurichten. Das Ergebnis ist ein gestochen scharfer Komet mit einer detailreichen Koma und einem sichtbaren Schweif vor einem Hintergrund aus Strichspuren der Sterne – das Markenzeichen einer qualitativ hochwertigen Kometenaufnahme.2
Ein wichtiger Hinweis für die Beobachtung in der Dämmerung: Die minimale Belichtungszeit von 10 Sekunden im “Stargazing”-Modus kann bei einem noch hellen Himmel zu überbelichteten Bildern führen. In diesem Fall kann es helfen, in den “Planetary Mode” zu wechseln, der kürzere Belichtungszeiten erlaubt. Als Notlösung kann auch ein Screenshot der Live-Vorschau ein brauchbares Bild liefern.12
Ihr Fahrplan für den Oktober: Tagesscharfe Beobachtungstipps für Deutschland
Die folgende Tabelle bietet eine tägliche Übersicht zur Beobachtung des Kometen C/2025 A6 (Lemmon) für den gesamten Oktober 2025. Alle Zeit- und Positionsangaben sind für einen zentralen Standort in Deutschland (Frankfurt am Main, $50.1°$N, $8.7°$E) berechnet, sind aber für das gesamte Bundesgebiet mit nur geringen Abweichungen gültig.
Tabelle 1: Tägliche Beobachtungsephemeriden für Komet C/2025 A6 (Lemmon) – Oktober 2025
(Standort: Frankfurt am Main, Deutschland)
| Datum (Okt. 2025) | Beste Beobachtungszeit (MESZ) | Himmelsrichtung (Azimut) | Höhe über Horizont | Erwartete Helligkeit (mag) | Sternbild | Praktischer Tipp |
| 01 | 04:30 – 05:30 | Ost-Nordost (ENE) | ca. 30° | 7.0−6.5 | Luchs / Kl. Löwe | Morgenhimmel. Ein gutes Fernglas ist ideal, um den Kometen zu finden. |
| 04 | 04:30 – 05:30 | Ost-Nordost (ENE) | ca. 35° | 6.5−6.0 | Kleiner Löwe | Der Komet wird merklich heller und ist leichter zu erkennen. |
| 06 | 04:30 – 05:30 | Ost-Nordost (ENE) | ca. 40° | 6.2−5.7 | Großer Bär | Sehr nahe Passage am Stern Tania Australis – eine perfekte Aufsuchhilfe! |
| 08 | 04:30 – 05:30 | Nordost (NE) | ca. 45° | 5.9−5.4 | Jagdhunde | Der Komet erreicht eine beachtliche Höhe am Morgenhimmel. |
| 10 | Ganze Nacht | Zirkumpolar | Variiert | 5.6−5.1 | Jagdhunde | Ab heute ist der Komet für die meisten Standorte in Deutschland zirkumpolar! |
| 12 | 19:30 – 21:00 | Nordwest (NW) | ca. 20° | 5.3−4.8 | Jagdhunde | Übergang zum Abendhimmel. Suchen Sie nach Einbruch der Dunkelheit. |
| 14 | 19:30 – 21:00 | Nordwest (NW) | ca. 25° | 5.0−4.5 | Jagdhunde | Die scheinbare Geschwindigkeit nimmt deutlich zu. |
| 16 | 19:30 – 21:30 | Nordwest (NW) | ca. 30° | 4.7−4.2 | Jagdhunde | Enge Begegnung mit Cor Caroli. Ein Highlight für Fotografen. |
| 18 | 19:15 – 21:30 | West-Nordwest (WNW) | ca. 30° | 4.4−3.9 | Bärenhüter | Der Komet bewegt sich nun sehr schnell über den Himmel. |
| 20 | 19:15 – 21:15 | West-Nordwest (WNW) | ca. 28° | 4.1−3.6 | Bärenhüter | Kurz vor der größten Annäherung. Die Helligkeit nähert sich dem Maximum. |
| 21 | 19:15 – 21:15 | West-Nordwest (WNW) | ca. 27° | 4.0−3.5 | Bärenhüter | Größte Erdnähe! Ideale Nacht zur Beobachtung dank Neumond. |
| 22 | 19:15 – 21:00 | West-Nordwest (WNW) | ca. 26° | 4.0−3.5 | Bärenhüter | Arktur als brillanter Wegweiser nutzen, der Komet steht 10° darüber. |
| 24 | 19:00 – 20:45 | West (W) | ca. 24° | 4.1−3.6 | Schlange (Kopf) | Der Komet beginnt, sich langsam wieder von der Erde zu entfernen. |
| 27 | 19:00 – 20:30 | West-Südwest (WSW) | ca. 20° | 4.3−3.8 | Schlange (Kopf) | Die Beobachtungshöhe am Abendhimmel nimmt nun ab. |
| 30 | 18:45 – 20:15 | Südwest (SW) | ca. 18° | 4.5−4.0 | Herkules | Letzte gute Gelegenheit im Oktober, den Kometen in guter Höhe zu sehen. |
Porträt eines kosmischen Wanderers: Die physikalischen Eigenschaften von C/2025 A6 (Lemmon)
Ein Komet ist weit mehr als nur ein leuchtender Punkt am Himmel. Er ist ein komplexes physikalisches System, dessen Erscheinung von der intensiven Wechselwirkung mit der Sonne geprägt wird. C/2025 A6 (Lemmon) zeigt viele der klassischen Merkmale, die diese Objekte so faszinierend machen.
Der leuchtende Kopf: Koma und Kern
Das auffälligste Merkmal des Kometen ist seine ausgedehnte, diffuse Hülle, die Koma. Beobachtungen und Fotografien zeigen, dass die Koma von C/2025 A6 (Lemmon) eine deutliche grünliche Färbung aufweist.2 Diese charakteristische Farbe ist ein typisches Merkmal vieler Kometen und entsteht nicht durch festes Material, sondern durch ein gasförmiges Phänomen. Die intensive Ultraviolettstrahlung der Sonne spaltet komplexe Moleküle, die vom Kometenkern ausgasen. Dabei entsteht unter anderem zweiatomiger Kohlenstoff (chemisch C2). Dieses Molekül wird durch das Sonnenlicht zum Leuchten angeregt (Fluoreszenz) und strahlt dabei Licht in einem spezifischen grünen Wellenlängenbereich ab.13
Im Herzen der Koma verbirgt sich der eigentliche Komet: der feste Kern. Dieser besteht aus einer Mischung von gefrorenen Gasen (wie Wasser, Kohlenmonoxid und Kohlendioxid) und Gesteins- sowie Staubpartikeln. Der Kern von C/2025 A6 (Lemmon) ist jedoch zu klein und vollständig von der hellen Koma eingehüllt, um direkt beobachtet werden zu können. Seine genaue Größe ist daher unbekannt. Eine frühe Angabe von 2,2 km Durchmesser 14 beruht auf einer Fehlinterpretation der ersten Messung der Koma, deren scheinbarer Durchmesser am Himmel mit 2,2 Bogensekunden bestimmt wurde.1 Die wahre Größe des Kerns bleibt vorerst ein Geheimnis.
Die zwei Schweife: Ionen und Staub
Wenn sich ein Komet der Sonne nähert, entwickelt er typischerweise zwei unterschiedliche Schweife, die sich in ihrer Zusammensetzung, ihrem Aussehen und ihrer Ausrichtung unterscheiden.
Der Ionenschweif (Gasschweif): Dieser Schweif ist in den bisherigen Aufnahmen von Komet Lemmon am deutlichsten ausgeprägt. Er besteht aus Gasen, die vom Kern sublimiert und anschließend durch die solare UV-Strahlung ionisiert, also elektrisch geladen wurden. Dieser Schweif erscheint oft bläulich und zeigt eine feine, fadenförmige Struktur.9 Beobachtungen haben gezeigt, dass der Ionenschweif von C/2025 A6 (Lemmon) sehr aktiv ist und Strukturen wie “Verwirbelungen und Knoten” sowie “Gasblasen” aufweist, die sich vom Kometenkopf wegbewegen.1 Dieses dynamische Verhalten ist eine direkte Folge der Interaktion mit dem Sonnenwind – einem Strom geladener Teilchen, der von der Sonne ausgeht. Der Sonnenwind und sein Magnetfeld drücken den Ionenschweif geradlinig von der Sonne weg. Turbulenzen im Sonnenwind sind für die sichtbaren Strukturen und gelegentliche Abrissereignisse (“disconnection events”) verantwortlich.16
Der Staubschweif: Dieser zweite Schweif besteht aus größeren, festen Staubpartikeln, die vom Kern freigesetzt werden. Im Gegensatz zum Ionenschweif werden diese Partikel kaum vom Magnetfeld des Sonnenwindes beeinflusst. Sie werden stattdessen durch den Strahlungsdruck des Sonnenlichts sanft nach hinten gedrückt und neigen dazu, entlang der gekrümmten Umlaufbahn des Kometen zurückzubleiben.16 Dies führt oft zu einem breiteren, diffusen und gekrümmten Schweif, der durch reflektiertes Sonnenlicht in einem gelblich-weißen Farbton leuchtet.9 Simulationen deuten darauf hin, dass Komet Lemmon das Potenzial hat, einen mehrere Grad langen Staubschweif zu entwickeln, der bei seiner maximalen Helligkeit auch visuell beeindruckend sein könnte.2 Das tatsächliche Erscheinungsbild wird maßgeblich davon abhängen, wie staubreich der Komet ist.
Eine Reise durch die Zeit: Die Umlaufbahn und zukünftige Wiederkehr des Kometen
Die Bahn eines Kometen ist sein Schicksal. Sie bestimmt nicht nur seine Sichtbarkeit von der Erde aus, sondern erzählt auch die Geschichte seiner Herkunft und seiner Zukunft. Die Umlaufbahn von C/2025 A6 (Lemmon) ist besonders aufschlussreich.
Ein Besucher aus der Kälte: Die langperiodische Umlaufbahn
Komet Lemmon wird als langperiodischer und “dynamisch alter” Komet klassifiziert. Dies bedeutet, dass er kein Neuling im inneren Sonnensystem ist, sondern bereits mindestens eine frühere Reise um die Sonne hinter sich hat.6 Seine ursprüngliche Umlaufperiode betrug etwa 1.350 Jahre.1 Seine letzte Annäherung an die Sonne fand demnach um das 7. Jahrhundert n. Chr. statt – eine Zeit, aus der keine bekannten Aufzeichnungen über seine Sichtung überliefert sind.4 Seine Bahn ist extrem exzentrisch (e=0.9957), was typisch für Kometen aus der Oortschen Wolke ist. An seinem sonnenfernsten Punkt, dem Aphel, entfernt er sich bis zu 243 Astronomische Einheiten (AE) von der Sonne – das ist mehr als das Achtfache der Entfernung des Planeten Neptun.1
Der Tanz mit dem Riesen: Jupiters Gravitationseinfluss
Ein entscheidendes Ereignis für die zukünftige Bahn des Kometen fand am 16. April 2025 statt. An diesem Tag passierte er den Planeten Jupiter in einer relativ geringen Entfernung von 348,5 Millionen Kilometern.3 Als massereichster Planet unseres Sonnensystems übt Jupiter eine immense Gravitationskraft aus, die die Bahnen kleinerer Körper wie Kometen nachhaltig verändern kann.
Diese nahe Begegnung war ein klassisches Beispiel für eine gravitative Störung, auch “gravity assist” genannt. In diesem Fall wirkte die Anziehungskraft Jupiters wie eine Bremse auf den Kometen. Sie entzog ihm einen Teil seiner Bahnenergie (“sapped some of Lemmon’s orbital energy”).3 Ein Körper mit weniger Bahnenergie bewegt sich auf einer engeren und schnelleren Umlaufbahn um die Sonne. Der direkte und berechenbare Effekt dieser Begegnung ist eine signifikante Verkürzung seiner Umlaufperiode um etwa 200 Jahre.3
Wann sehen wir ihn wieder? Eine Prognose für die ferne Zukunft
Die gravitative Wechselwirkung mit Jupiter hat das Schicksal des Kometen neu geschrieben. Während seine ankommende Umlaufperiode 1.350 Jahre betrug, wird seine neue, ausgehende Umlaufperiode nach dem Verlassen des inneren Sonnensystems nur noch etwa 1.155 Jahre betragen.1
Auf Basis dieser neuen, verkürzten Umlaufzeit lässt sich eine verlässliche Prognose für seine nächste Wiederkehr treffen. Addiert man die neue Periode zum Jahr seiner jetzigen Sonnenpassage (2025), so ergibt sich der Zeitpunkt seiner nächsten Rückkehr in unsere kosmische Nachbarschaft. Die Menschheit kann daher damit rechnen, Komet C/2025 A6 (Lemmon) das nächste Mal um das Jahr 3180 am Himmel begrüßen zu dürfen. Er ist somit ein wahrer Zeitreisender, der uns einen flüchtigen Blick auf die Dynamik und die himmlische Mechanik unseres Sonnensystems gewährt.
Referenzen
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- How to see comet C/2025 A6 (LEMMON) this autumn | BBC Sky at Night Magazine, Zugriff am September 29, 2025, https://www.skyatnightmagazine.com/news/comet-c-2025-a6-lemmon
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- Next Comet Visible From Earth: How to See Comet Lemmon in October-November 2025 – Star Walk, Zugriff am September 29, 2025, https://starwalk.space/en/news/c2025-a6-lemmon-next-comet-visible-from-earth-2025
- 5 bright comets approaching Earth. Charts here! – EarthSky, Zugriff am September 29, 2025, https://earthsky.org/space/5-bright-comets-approaching-earth-charts-2025-2026/
- C/2025 A6 (Lemmon) Closest Earth Approach Is Next Month – Will We See It With The Naked Eye? | IFLScience, Zugriff am September 29, 2025, https://www.iflscience.com/c2025-a6-lemmon-closest-earth-approach-is-next-month-will-we-see-it-with-the-naked-eye-80869
- Comet C/2025 A6 (Lemmon): How to See the Brightest Comet of 2025 – OnFocus News, Zugriff am September 29, 2025, https://www.onfocus.news/comet-c-2025-a6-lemmon-how-to-see-the-brightest-comet-of-2025/
- C/2025 A6 (Lemmon) – British Astronomical Association, Zugriff am September 29, 2025, https://britastro.org/section_news_item/c-2025-a6-lemmon
- Seestar – tracking comets? – Smart Telescopes – Cloudy Nights, Zugriff am September 29, 2025, https://www.cloudynights.com/topic/914525-seestar-tracking-comets/
- Shorter exposure time for comets visible in twilight – ZWO User Forum, Zugriff am September 29, 2025, https://bbs.zwoastro.com/d/19044-shorter-exposure-time-for-comets-visible-in-twilight
- Comet 2025/A6 (Lemmon) | Astrocat – Aleix Roig Mateu, Zugriff am September 29, 2025, https://astrocat.info/comet-2025-a6-lemmon/
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- Comet Lemmon (C/2025 A6): Bright New Green, Autumn Comet – YouTube, Zugriff am September 29, 2025, https://www.youtube.com/watch?v=83CfwbnUeyw
- Comet tail – Wikipedia, Zugriff am September 29, 2025, https://en.wikipedia.org/wiki/Comet_tail
- Comet Lemmon’s tail was buffeted by the solar wind on Sep. 21, 2025 : r/spaceporn – Reddit, Zugriff am September 29, 2025, https://www.reddit.com/r/spaceporn/comments/1nq8g7f/comet_lemmons_tail_was_buffeted_by_the_solar_wind/
- Promising “New” Fall Comet C/2025 A6 (Lemmon) – Cloudy Nights, Zugriff am September 29, 2025, https://www.cloudynights.com/topic/955536-promising-new-fall-comet-c2025-a6-lemmon/
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